Zu den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zählt man klassischerweise den Morbus Crohn sowie die Colitis ulcerosa. In der Regel erfordern die Erkrankungen eine Langzeitbetreuung durch einen Spezialisten, -in.
Diesen Erkrankungen liegt ein chronischer Entzündungsprozess zugrunde, der zumeist den Darm betrifft, jedoch auch Symptome außerhalb des Darmes verursachen kann (sogenannte extraintestinale Manifestationen). Das Leitsymptom der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sind im Regelfall chronische Durchfälle in Verbindung mit abdominellen Beschwerden.
Die Ursache der Erkrankungen ist bislang nicht genau geklärt. Man geht davon aus, dass bei betroffenen Patientinnen und Patienten eine genetische Veranlagung zu dieser Erkrankung besteht, die beim Auftreten bestimmter Umweltfaktoren (z. B. Zigarettenrauchen) zu einer Aktivierung des Immunsystems bzw. zur chronischen Darmentzündung führt. Man spricht von einer sogenannten Barriere- Störung der Darmschleimhaut, sodass die natürlicherweise in der Darmflora vorkommenden Bakterien in die Darmwand gelangen können und dort eine Entzündungsreaktion auslösen.
Die Krankheitsaktivität bzw. der Schweregrad der Symptome kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein, ebenso wie der langfristige Verlauf. Zwar gibt es bestimmte Risikomarker, die einen schwerwiegenderen Krankheitsverlauf wahrscheinlicher machen und somit auch auf die therapeutischen Überlegungen mit Einfluss nehmen. Oft lässt sich der Verlauf jedoch erst nach einem längeren Beobachtungszeitraum prognostizieren.
Beim Morbus Crohn können alle Abschnitte des Verdauungstraktes vom Mund bis zum Enddarm betroffen sein, die Entzündungsreaktion betrifft nicht nur die oberste Wandschicht (Schleimhaut) sondern alle Schichten der Wand des Verdauungstraktes. Durch die chronische Entzündungsreaktion können sich Verbindungen vom Darm zu anderen Organen oder sogar zur äußeren Haut bilden, die sogenannten Fisteln. Am häufigsten ist der letzte Dünndarmabschnitt, das terminale Ileum und/oder Teilabschnitte des Dickdarms (skip lesions) beim Morbus Crohn betroffen. Es ist insbesondere bei Erstdiagnose des Morbus Crohn daher wichtig und erforderlich, einmalig den gesamten Magen-Darm-Trakt zu untersuchen.
Bei der Colitis ulcerosa ist im Gegensatz zum Morbus Crohn die Entzündungsreaktion auf die Schleimhaut des Dickdarmes begrenzt. Zumeist geht die Entzündung vom Enddarm (Rektum) aus und dehnt sich kontinuierlich unterschiedlich weit auf die einzelnen Abschnitte des Dickdarmes aus. Ist der gesamte Darm betroffen spricht man von einer Pancolitis, reicht die Entzündung vom Enddarm bis zur linken Flexur spricht man von einer Linksseiten-Colitis.
Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung haben ein erhöhtes Risiko an Darmkrebs zu erkranken, weswegen regelmäßige Kontrolluntersuchungen des Dickdarmes erforderlich sind, deren Häufigkeit wiederum abhängt von der Krankheitsdauer, der Ausdehnung sowie der Krankheitsaktivität und einer eventuellen genetischen Vorbelastung.
Das Ziel der Behandlung einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung ist es stets, die Entzündungsreaktion einzudämmen, dadurch die Beschwerden zu lindern und in eine möglichst lang anhaltende Phase ohne Krankheitsaktivität (Remission) zu gelangen, um langfristig Komplikationen zu vermeiden.
Zwischenzeitlich gibt es eine Vielzahl an medikamentösen Behandlungsoptionen. Neben der klassischen Kortisontherapie und den Thiopurinen (Azathioprin, 6- Mercaptopurin) spielen sogenannte Biologika wie TNF- @- Blocker (Infliximab, Adalimumab), Integrin- Antagonisten (Vedolizumab), Interleukin- Antagonisten (Ustekinumab) oder Januskinaseinhibitoren (Tofacitinib) eine wichtige Rolle.
Die Wahl des Therapeutikums hängt ab vom Ausprägungsgrad, der Ausdehnung der Erkrankung, eventueller extraintestinaler Manifestationen, möglichen Nebenwirkungen insbesondere im Hinblick auf bestehende Vorerkrankungen und selbstverständlich auch der Familienplanung der Patientin/ des Patienten.
Um einerseits die Wirksamkeit einer medikamentösen Therapie beurteilen zu können und um andererseits eine neuerliche Krankheitsaktivität mit Wiederaufflammen der Entzündungsreaktion frühzeitig erkennen und behandeln zu können sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen sinnvoll und erforderlich, um Langzeitkomplikationen verhindern zu können. Im Rahmen dieser Kontrollvorstellungen ist es wichtig auch auf eventuelle Mangelzustände (insbesondere Eisen und Vitamin B12) zu achten und gegebenenfalls eine Substitutionstherapie einzuleiten.
Neuerdings geht man davon aus, dass es sich auch bei der sogenannten mikroskopischen Kolitis (lymphozytäre bzw. kollagene Kolitis) um eine chronisch entzündliche Darmerkrankung handelt. Die mikroskopische Kolitis verursacht im Regelfall chronische, nicht blutige Durchfälle, typischerweise sieht im endoskopischen Bild die Darmschleimhaut dabei unauffällig aus, die Diagnose kann daher nur durch eine mikroskopische Untersuchung von entnommenen Schleimhautbiopsien gestellt werden. Mittlerweile existieren für die mikroskopische Kolitis sehr effektive, nebenwirkungsarme und schnell wirkende Therapeutika.
Dr. med. Matthias Bechtler
Dr. med. Johannes Striegel
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